Während des Frundsbergfests laufen in Mindelheim nicht nur die Uhren anders. Auch in Sachen Durchsetzung von Recht und Ordnung muss sich in diesen Tagen so mancher Malefikant auf das rigorose Durchgreifen der Mindelheimer Stadtwache gefasst machen. Mit harter, aber gerechter Hand führt sie Langfinger und Beutelschneider, Falschmünzer und Bauernfänger ihrer angemessenen Strafe zu. Ob Haderlump oder Weibsstück – beide haben nichts zu lachen, sind sie erst einmal ins Auge der Stadtwache geraten. Denn "Malefikanten sind auff der stell mit eynem halfter so ueber sechs schneck lang gefänglich zu binden und bis zum Gericht im Thurm bei weniger denn Waßer und Broodt zu halten". Schon die Verhaftung in aller Öffentlichkeit und die Verbringung per Gefängniswagen unter Bitten und Betteln des Angeklagten und der Häme des Volks zum Lager der Stadtwache am Einlasstor verfehlt nicht ihre abschreckende Wirkung. Die Verlesung der Anklageschrift vor Ort bringt dann erst das volle Ausmaß der Übeltäterei zum Vorschein, auf die das Publikum mal mit Verständnis und Fürsprache, mal mit Härte und Verurteilung reagiert. Nicht selten ist es jedoch die offen gezeigte Reue und die Versicherung des Delinquenten, sich zu bessern, die die Stadtwache Gnade vor Recht walten lässt. Allerdings nicht ohne eine Auslöse in angemessener Höhe zu erheben, die sofort bar auf die Hand oder in Naturalien zu leisten ist. Die Schande freilich bleibt als Mahnung erhalten – für den Übeltäter mit dem handgeschriebenen Schandbrief, für die Nachwelt auf weithin lesbaren Schandtafeln. Die Auswahl der Delinquenten ist übrigens ebenso das Ergebnis eines gänzlich im Dunkeln verbleibenden Verfahrens wie die Liste derselben von den wenigen Mitwissern gehütet wird wie ein Staatsgeheimnis.
Die Verhaftungen bilden jedoch nur die eine, wenn auch sicherlich spektakulärste "amtliche" Aufgabe der Stadtwache. Als ebenso unentbehrlich erweisen sich die mittelalterlichen Ordnungshüter bei den zahlreichen offiziellen Veranstaltungen und Empfängen von Stadt und Festring, für die ein regelrechter Einsatzplan ausgearbeitet wird. Alles in allem gibt es wohl keine Veranstaltung in den elf Tagen, die das Frundsbergfest andauert, die nicht unter den strengen Augen der Stadtwache stattfindet. Ob Eröffnungsabend oder Festgottesdienste, Umzug oder Schlacht von Peutelstein – stets sind die mittelalterlichen Ordnungshüter zum Zweck der Absperrung, des sicheren Geleits oder der Repräsentation mit von der Partie und kommen damit ihrem historischen Pendant erstaunlich nahe.
Und das bereits seit 1976, der Geburtsstunde des Frundsbergfests in seiner heutigen Form. Inzwischen ist die Gruppe, die sich ausschließlich aus den Reihen der lokalen Sektion des Alpenvereins rekrutiert ansonsten aber vollständig autonom ist, nicht nur auf etwa 60 Männer, Marketenderinnen und Kinder angewachsen. Mit Hellebarde und Hirnhaube verfügen die Ordnungshüter auch über die entsprechende Bewaffnung und mit ihrer typisch schwarz-gelben Uniform im Zeichen des Fünfbergs über das weithin sichtbare Erkennungsmerkmal, das sie zur ausführenden Gewalt von Frundsbergs Gnaden macht. Auch die Wahl des Standorts des Lagers an jenem Stadttor, das bereits in der Vergangenheit auch dann noch Einlass nach Mindelheim gewährte, wenn alle anderen Schotten schon längst dicht waren, entspricht exakt der historischen Funktion der Stadtwache. Heute allerdings eher unter umgekehrten Vorzeichen. Denn nicht selten ist die Turmschänke so manchem Nachtschwärmer noch die letzte Station bei den Altstadtfesten und das Einlasstor dann eher das Auslasstor in Richtung Bettstatt. Doch den Maßlosen sei schon von vorherein Vorsicht angeraten. Die Stadtwach hat schließlich Acht!